AnaCredit: ein hochgranulares Kreditregister für den Euro-Raum

Mit dem Ziel die Datenbasis für Analysen und statistische Auswertungen im Bereich von Kreditengagements zu verbessern, hat die EZB im Februar 2014 das Projekt "Analytical Credit Dataset" (AnaCredit) ins Leben gerufen. Dieses sieht den Aufbau eines zentralen Kreditregisters für den Euro-Raum mit hoch granularen Daten auf Ebene einzelner Kreditnehmer ("borrower by borrower") oder Einzelkredite ("loan by loan") vor. Als Datenquelle sollen zentrale Kreditregister der einzelnen nationalen Zentralbanken dienen.

Mit dem Beschluss EZB/2014/6 fordert die EZB die nationalen Zentralbanken auf, im Rahmen einer Vorbereitungsphase die notwendigen Strukturen zu schaffen. Konkret sollen nationale Kreditregister auf- bzw. ausgebaut werden, in denen detaillierte Informationen zu von den Finanzinstituten an juristische Personen ausgegebene Kredite erfasst werden sollen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll der Datenbestand dann auch auf Darlehen an private Haushalte ausgeweitet werden.

Referenzberichtsschema sieht Meldung auf Einzelvertragsebene vor

Im Anhang des Beschlusses stellt die EZB ein Referenzmeldeschema bereit. Dieses sieht eine Meldung nach dem loan-by-loan Ansatz der mit folgenden Dimensionen und Attributen vor:

Die aufgeführten Anforderungen der zu meldenden Daten wurden von der EZB im Sinne einer ersten Diskussionsgrundlage eingebracht. Aktuell sind mehr als 150 Kredit- und Kreditrisikoattribute in Diskussionen. Als Schwelle für die Meldung steht € 50.000 im Raum.

Erste AnaCredit-Meldungen sollen bereits Ende 2016 erfolgen

Für die Umsetzung hat die EZB einen ambitionierten Zeitplan vorgelegt. In einem ersten Schritt sollen in 2014 die Anforderungen an das zentrale Kreditregister inklusive Daten konkretisiert, konsultiert und der Umsetzungsaufwand evaluiert werden. 2015 sollen dann Meldeinhalte, Meldeschwelle, Anwenderkreis und, Meldeturnus definiert und mit der Implementierung des Euro-Kreditregisters begonnen werden. Gleichzeitig soll eine Harmonierung der nationalen Kreditregister erfolgen.

Rechtsverbindlichkeit soll AnaCredit über eine direkt bindende EZB-Verordnung erlangen, deren Veröffentlichung für Anfang 2015 erwartet wird. Die Erstanwendung und Erstmeldung ist für Ende 2016 vorgesehen.

Meldeumfang stellt Institute vor große Herausforderungen

Aus der sich abzeichnenden hohen Anzahl an Kredit- und Kreditrisikoattributen, der niedrigen Meldeschwelle und der perspektivischen Erweiterung auf Kredite an private Haushalte ergibt sich ein Meldeumfang, der von Instituten nicht "mal einfach nebenbei" umgesetzt werden kann. Zum einen wird sich das Datenvolumen erheblich erhöhen - und mit der Aufnahme der Meldungen von Krediten an private Haushalte noch einmal spürbar ansteigen. Zum anderen werden einige der Informationen den Kreditinstituten in der erwarteten Granularität aktuell noch nicht vorliegen. Eine der wesentlichen Herausforderungen wird daher sein, die notwendigen Daten aus den unterschiedlichen Geschäftsbereichen und IT-Systemen wie beispielsweise Bilanzierung, Rechnungswesen, Meldewesen oder Risikomanagement für die Meldung zusammen zu ziehen und diese anschließend in der definierten Qualität an die Melde-Tools weiter zu reichen.

Millionenkreditregister als Basis für AnaCredit eher ungeeignet

Als Grundlage für AnaCredit könnten laut EZB bestehende nationale Kreditregister dienen. Für Deutschland wird hier von einigen Seiten die Millionenmeldung als mögliche Basis genannt. Eine genauere Betrachtung zeigt jedoch, dass die Synergien begrenzt sind. Dies liegt vor allem an den unterschiedlichen Anforderungen und Zielen von AnaCredit und  der Millionenkreditmeldung. Zielsetzung der (Gro)MiKV ist, "eine Konzentration der Kreditvergabe an einen Kreditnehmer zu verhindern, der Aufsicht einen Einblick in die Kreditstruktur der Institute zu verschaffen und die Institute über die Verschuldung ihrer (potentiellen) Kreditnehmer zu informieren". Im Zentrum steht somit die (Risiko-)Betrachtung in Bezug auf einzelne Kreditnehmer. Ziel von AnaCredit ist hingegen, einen Überblick über die Gesamtheit der vergebenen Kredite je Institut zu erhalten, d.h. die makroprudentielle Aufsicht. Daher sind bei AnaCredit der Kreditgeber unverschlüsselt und der Kreditnehmer anonymisiert.

Es kann daher die Frage gestellt werden, ob AnaCredit nicht eher neben der monatlichen Bilanzstatistik steht, in der die Kreditinstitute schon jetzt - jedoch auf Summenbasis - die Forderungen gegenüber Schuldnern aufgegliedert nach Wirtschaftszweigen, Fristen und Arten in Form einer Bilanz an die Aufsicht melden.

iBS unterstützt Sie bei der Umsetzung von AnaCredit

Unabhängig davon, in welche Richtung sich AnaCredit entwickelt: im Ergebnis werden wohl  größere Anpassungen in der Meldewesenverarbeitung notwendig sein. Ziel der iBS ist es, gemeinsam mit den Kunden der Meldewesen-Vorverarbeitungslösungen iBS-SRT und RRA by iBS und den Melde-Tool Herstellern geeignete Lösungen zu erarbeiten. Im Rahmen des iBS-SRT Anwendertreffens 2014 fand hierzu bereits ein erster Austausch statt.

Autor: Henrik Neunhoeffer, Meldewesen-Spezialist, iBS AG

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